Blattjagd - Basics - 1
Blattjagd Basics - Teil 1: Grundlagen und Rufsignale
Text & Bilder: Johannes Maidhof  // Instagram: barbarossa.hunting
Die Blattzeit birgt so manchen Mythos: Unbekannte Recken, treibende Böcke, fiepende Geißen lassen das Herz eines jeden Rehwildjägers höherschlagen. Wenn nach heißen Tagen die Luft abends abkühlt oder ein lauer Morgen die Nacht verdrängt, warten tolle Jagderlebnisse im sommerlichen Revier. Ab Ende Juni kann man schon hitzköpfige Böcke beobachten, die dem weiblichen Rehwild nachstellen, oft sind es Jungspunde, die ihr frühes Glück suchen. Der Zeitpunkt der Brunft wird aber nicht von bedrängenden Junggesellen definiert, sondern von der Aufnahmebereitschaft der Geißen und Schmalrehe. Tatsächlich produzieren die Brunftkugeln der Rehböcke bereits ab Mai fortpflanzungsfähigen Samen. Das voranschreitende Jahr kurbelt die Hormonausschüttung an und wenn sie die Geißen ließen, so manch ein Bock würde sicher auch schon im Frühsommer den Beschlag vollziehen.
Das bedrängen der weiblichen Stücke aus diesem Übermut heraus, dem sich diese durch hohe Fluchten entziehen, hat mit dem eigentlichen Treiben nichts zu tun. Denn dazu gehört eine brunftige Geiß, die sich „erobern lassen will“. Sie springt nicht ab, sondern lässt sich treiben und zieht den Bock durch verführerischen Hormonduft hinter sich her. Stundenlang kann sich dieses Ritual hinziehen, unterlegt mit schmachtenden Fieplauten. Durch den „Paarungstanz“ entstehen dann in Wiesen die so genannten Hexenringe, als Kreisförmige Spur der Liebestollen.
 Blattjagd Basics - 1
Die Brunft des Rehwildes beginnt etwa 9 – 10 Wochen nach dem Setzen der Kitze. Schmalrehe können in der Regel etwas eher brunftig werden. Die eigentliche Blattzeit gleicht dabei nicht der Zeitspanne, der in mehrere Phasen unterteilbaren Brunft. Um den 1. August sind die meisten Geißen brunftig und werden beschlagen. Ist dieser Höhepunkt der Paarungszeit überschritten, beginnt die eigentliche Blattzeit. Nun ziehen die Böcke umher und suchen nach verbliebenen brunftigen Stücken. Wahre Sternstunden der Blattzeit kann man deshalb in den ersten beiden Augustwochen erleben, wenn der Großteil der Geißen beschlagen ist und es die Böcke auf die Läufe treibt. Erfahrene Blattjäger schwelgen von ihren besten Blattjagderlebnissen, nach dem 12. August, wenn die Anzahl brunftiger Geißen immer geringer wird. Wem es um die reine Abschussplanerfüllung geht, wer nicht selektiv jagt, der kann sich natürlich die komplette Brunft und das Vorgeplänkel zu Nutze machen, wenn die Böcke aus dem Müßiggang der Feistzeit erwachen. Die Blattzeit im klassischen Sinne gilt aber der gezielten Jagd auf einen reifen Bock.
 
Hier zahlt sich ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis aus. Wer bei der Blattjagd erfolgreich sein möchte, muss seine Hausaufgaben bereits im Herbst des Vorjahres, bei der Jagd auf weibliches Rehwild erfüllen. Denn ist durch das unausgewogene Geschlechterverhältnis die „natürliche Auswahl“ einfach zu groß, wird es selbst mit den leidenschaftlichsten Tönen aus dem Locker nur schwer gelingen den Bock zum Zustehen zu bewegen.
 Blattjagd Basics - Rehblatter
Ob traditionelles Buchenblatt, das Laub anderer Baumarten, Grashalme, Mundblatter aus Holz, Kunststoff oder Horn sowie die weit verbreiteten Handblatter – Die Palette an Lockinstrumenten reicht sehr weit. Geübte Virtuosen blatten gar nur mit den Lippen oder auf dem Handrücken. Auch auf einem Geldschein lassen sich die Locklaute formen. Es soll bei geführten Jagdgästen geholfen haben das Trinkgeld zu erhöhen, indem man angab, ein großer Bock lasse sich nur auf einem großen Schein heran blatten. Stimmt das Geschlechterverhältnis und befinden sie sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort, so kommt es auf die korrekten Laute eher weniger an, der Bock springt Überlieferungen zufolge sogar auf eine quietschende Fahrradkette oder das Knarzen der Kanzeltür.
 
Für welchen Locker sie sich auch entscheiden, die Brunftlaute des Rehwildes lassen sich nach etwas Übung mit den meisten Varianten nachahmen:
 
Blattjagd Basics Rehblatter

Fieplaut
Dieser Ton ist brunftunabhängig, so ruft die Geiß zum Beispiel ihr Kitz.
 
PIA
Der so genannte PIA - Laut ist der charakteristische Brunftlaut. Die Geiß ist brunftig und ruft nach einem Bock. Auf diesen Ton stehen besonders auch Jährlinge und geringe, mehrjährige Böcke zu, die eine schnelle Chance wittern, um dem Platzbock zuvor zu kommen.
 
Treibender Bock
Diese Rufserie besteht aus aneinander gereihten, schmachtenden PIA-Lauten.
Wir simulieren damit Konkurrenzdruck, nämlich eine brunftige Geiß, bei der sich ein Bock eingefunden hat, dem sie wohl gesonnen ist. Sie lässt sich von ihm treiben, der Beschlag steht unmittelbar bevor. Das kann sich der Platzbock nicht bieten lassen!
 
Sprengfiep
Wir provozieren den Beschützerinstinkt des Platzbockes.
Die Geiß wird von einem Bock bedrängt, dem sie nicht zugetan ist.
Die hektischen, empörten PIA-Laute ausstoßend versucht sie sich zu entziehen.
Gegen Brunftende, nach der ersten Augusthälfte, werden diese Laute noch hysterischer und entwickeln sich zum Angstgeschrei. Damit wird dann die Eifersucht auf die Spitze getrieben.

Kitzfiep und Klagelaut
Der Bock steht bei der Geiß und es gelingt nicht ihn mit den Rufserien zu bezirzen.
Nun kann mit dem Kitzfiep die Geiß gelockt werden, in der Hoffnung der Bock wird ihr folgen.
Der Kitzklagelaut wirkt auf die Mutterinstinkte der Geiß natürlich höchst alarmierend und sie wird mit hohem Tempo zustehen.
Wann welcher Lockton angebracht ist, kann sich je nach Blattstand, Zeit und Tagesform unterscheiden. Wie immer auf der Jagd, braucht es am Ende auch ein kleines Quäntchen Glück.
 Blattjagd Basics - Icefox Jagdbekleidung
Zum Abschluss noch ein wichtiger Tipp, vielleicht der wichtigste von allen:
Reife Böcke kann es natürlich nur in den Revieren geben, in denen man auch mal einen jungen laufen lässt.
 
In diesem Sinne Waidmannsheil, stets guten Anblick und allzeit eine sichere Kugel. 
Juli 22, 2021 — Icefox Community