Moderne Jagdkleidung und traditionelle Materialien schließen sich nicht aus. Im Gegenteil! Und wenn es dann noch  „Made in Europe“ ist, dann hat auch die Umwelt etwas davon.

Der Aufstieg zu den Gams bis hoch in die Latschenregion hinein ist äußerst anstrengend. Der Schweiß rinnt in Strömen unter der modernen Jagdjacke, die wind- und wasserdicht ist sowie atmungsaktiv sein soll. Doch die Bühne bleibt vorerst leer. Als der Berufsjäger und ich den Gipfel umrunden, ist plötzlich die Sonne weg und heftige Windstöße kommen auf. Ich fange an zu frieren wie ein Schneider, denn unter der „Hightech-Jacke“ bin ich klatschnass. Hätte ich nicht eine klein zusammenknäulbare Daunenjacke dabei gehabt, dann wäre ich wohl um eine lebensgefährliche „Männergrippe“ nicht herum gekommen.

 Bergjagd

Bergjäger schwören bis zum heutigen Tage auf Wolle und Loden!
Dabei sticht ins Auge, dass viele junge und alte Bergjäger heute noch Wolle und Loden favorisieren. Interessant ist auch zu beobachten, wie sich Bergjäger während der Jagd an- und ausziehen. In der anstrengenden Aufstiegsphase verstauen sie Wolljanker und Lodenjacke im Rucksack. Erst wenn die Pirschführer innehalten, um länger die Hänge und Kare abzuglasen oder mit dem Spektiv genau anzusprechen, wandert Schicht für Schicht dem Zwiebelschalenprinzip folgend wieder auf den verschwitzten Körper und schützt so vor dem Auskühlen.

Fünf Top-Eigenschaften von Loden

  • Loden ist durch die enge Gewebestruktur und die wärmenden Eigenschaften von Wolle relativ winddicht.
  • Da er klassisch ohne Chemikalien hergestellt wird, bleibt das natürliche Wollfett Lanolin im Stoff erhalten und macht Loden wasserabweisend.
  • Das Lanolin kann aber noch mehr. Es bewirkt obendrein, dass Schmutz nur schlecht vom Gewebe aufgenommen wird und Loden daher recht schmutzresistent ist.
  • Der Naturstoff nimmt auch kaum Gerüche an und ist daher weitestgehend geruchsneutral.
  • Wolle ist wärmend, temperaturausgleichend, atmungsaktiv und lässt sich daher in einem breiten Temperaturspektrum tragen. Darüber hinaus wärmt Wolle sogar noch in feuchtem oder gar nassem Zustand.
Wo so viel Licht ist, ist natürlich immer auch ein bisschen Schatten. Denn Loden ist in der Regel  schwerer als moderne Hightech-Stoffe und benötigt zum Trocknen (bitte nicht auf der Heizung!) auch etwas mehr Zeit.

Der Lodenjacke neues Leben eingehaucht

Trotz all dieser Vorteile war die Lodenjacke über Jahre völlig „out“. Zu altbacken die Schnitte, zu wenig praxisorientiert die Ausstattung, der ganze Look einfach was für Großväter! Mit der Jacke „Stalker“ und einer Außenhülle aus Funktionsloden, modernen Schnitten, geraden Balgtaschen und eigenem Tarnmuster eroberte Icefox 2010 ein nicht besetztes Feld und verhalf so dem Loden wieder zu einem Comeback im Jagdbekleidungssektor.

Zurück in die Zukunft mit Funktionsloden, modernen Schnitten, Balgtaschen und eigenem Tarnmuster.
Zurück in die Zukunft mit Funktionsloden, modernen Schnitten, Balgtaschen und eigenem Tarnmuster.
Gute Jagdbekleidung muss die Silhouette auflösen, leise, geruchsfrei und in einem breiten Temperaturspektrum zu tragen sein“, sagen damals wie heute Kürschnermeister Karl-Heinz und sein Sohn Axel Reinold, die beide auch passionierte Jäger sind. Icefox bezieht die Schurwolle aus Europa und lässt sie auch in Europa zu Loden verarbeiten. Erste Muster und Prototypen entstehen in der eigenen Werkstatt in Memmingen. Anschließend wird alles in Europa gefertigt. Wo genau, ist ein gut gehütetes Firmengeheimnis. 2016 folgte der erste bedruckte Lodenstoff, weil für große Serien das Aufnähen zu aufwändig und kostenintensiv war. Im gleichen Jahr debütierte das eigene Orbis-Tarnmuster, „das von Neuseeland über Skandinavien und Afrika bis daheim funktioniert“, wissen die beiden jagdlichen Globetrotter aus eigener Erfahrung.

Und wieder ruft der Berg!

Um dieses neue alte Wissen reicher, breche ich ein Jahr später wieder in die Berge auf. Es geht zur Murmeljagd, allerdings bin ich diesmal komplett in Merinowolle und Loden gehüllt. Beim Aufstieg komme ich zwar erneut ins Schwitzen, kühle aber dank Merino-Unterwäsche und -Oberhemd nicht aus und empfinde ein angenehmes, körpernahes Klima. Als wir das kleine Plateau erreichen und zu der 130 Meter entfernten „Mankeiburg“ rüberspekulieren, zaubere ich aufgrund der Abwesenheit der kleinen Mieter schnell die Woolverine Active-Jacke aus dem Schnerfer. So kann die nächsten Stunden kommen, was will. Denn mich halten Wolle und Loden natürlich warm...

Loden

Der lange Weg zum Loden 

Als der Mensch den Schritt vom reinen Sammler zum Jäger machte, schützten ihn fortan Felle und Leder seiner Beutetiere vor Eis, Regen und Kälte. Mit dem Sesshaftwerden und den Anfängen von Ackerbau und Viehzucht war die Produktion von Leder und später auch Wolle nicht mehr vom Jagderfolg abhängig.

Eines der ältesten textilen Fundstücke ist fast 17.000 Jahre alt und ein Stück Schnur aus Pflanzenfasern. Aus dieser Zeit gibt es erste Belege für die Handspinnerei, die sich dann  später auch der Wolle von Schafen annahm und Garne spann, aus denen Kleidungsstücke entstanden. Der Weg zum Loden war jedoch noch weit, obwohl er ein Outdoor-Stoff mit langer Tradition ist. Verwendet wird der Begriff Loden seit dem 10. Jahrhundert. Vermutlich kommt der Begriff vom althochdeutschen „lodo“, was so viel wie „grobes Tuch“ bedeutete und für widerstandsfähige Stoffe verwendet wurde. Traditionell hergestellte Loden bestehen meist aus Schurwolle. Darüber hinaus lässt sich aber auch Merino-, Alpaka- oder Kaschmirwolle problemlos zu Lodenstoffen verarbeiten. Seit dem Hochmittelalter wird Loden gewalkt, um anschließend als Wolltuch verarbeitet zu werden. In ca. 40 Grad Celsius warmem Wasser wird der Wollstoff durch Reibung und Druck gewalkt. Hierbei verfilzen die Fasern ineinander, das Gewebe schrumpft um etwa 30 bis 40 Prozent und es entsteht ein Stoff, der sehr dicht und somit wetterfest ist. Der Grund hierfür liegt auch in dem enthaltenen Wollfett, das dem Stoff viele gute Eigenschaften verleiht.

Zwiebel

Das Zwiebelschalenprinzip

Es ist ein Gesamtsystem. Dabei werden mehrere Kleiderschichten von unterschiedlicher Dicke und Material wie bei einzelnen Schichten einer Zwiebel übereinander angezogen. So entsteht zwischen den Kleidungsschichten insgesamt mehr Luft als Wärmeisolator als bei wenigen Schichten dickerer Bekleidung. Zudem lassen sich Feuchtigkeitstransport und Windschutz durch passende Materialschichten ebenfalls positiv beeinflussen. Alle Lagen (Layer) sind atmungsaktiv und leiten Schweißdampf nach außen. Die äußere Schicht ist winddicht und wasserdicht. Alternativ wind- und wasserabweisend, wodurch sie atmungsaktiver ist und mehr Schweiß nach außen transportiert. Das Zwiebelsystem kann je nach Wind, Wetter und körperlicher Aktivität angepasst werden. Einzelne Schichten bestehen aus Kunstfaser, Merinowolle oder Wolle und modernen Mischgeweben.
 
 
Icefox Lodenjacken

 Von Ansitz bis Pirsch

Aktuell bietet Icefox eine Kollektion von unterschiedlichen Lodenjacken an, bei denen körperlich aktive Pirschjäger genauso fündig werden wie passionierte Ansitzjäger.
Der AnorakExplorer“ ist eine klassische Schlupfjacke. Dank zweier Reißverschlüsse kann man die Jacke beidseitig vom Saum bis zu den Ellbogen öffnen – so ist das Reinschlüpfen kinderleicht! Durch die Kombination aus Orbis-Tarn-Loden mit gewachster Baumwolle im Schulterbereich ist auch ein Regenschauer kein Problem. Die Brusttasche bietet viel Stauraum mit drei Reißverschlusstaschen, separater Innentasche und integriertem Muff für warme Hände. Der Clou ist die Kapuze, die den Namen auch wirklich verdient. Hier schauen nur noch die Augen raus, alles andere ist warm eingepackt.
Anorak Explorer

 

Etwas wärmer wird es mit der leichten LodenjackeWoolverine Active“. Sie bietet mit dem dichten 500-Gramm-Loden guten Schutz gegen Wind und Regen und ist dennoch komplett atmungsaktiv. Dazu ist die Jacke nahezu geräuschlos, da sie ohne künstliche Membrane oder laute Stoffe auskommt. Mit der entsprechenden Unterbekleidung kann die Woolverine Active an die jeweiligen Temperaturen und damit Jahreszeiten angepasst werden. Sie ist darüber hinaus mit einer abnehmbaren Kapuze und integriertem Nackenwärmer ausgestattet und verfügt außen über vier geräumige Taschen mit Reißverschluss und über zwei große Innentaschen. Dank des Orbis-Tarnmusters löst sie die Jäger-Silhouette förmlich auf, eine dazu passende Lodenhose ist ebenfalls erhältlich.

Lodenjacke Woolverine Active

 

Die braune LodenjackeKeiler“ hält trotz des geringen Gewichts warm. Denn der Gebirgsloden in ebenfalls langlebiger 500-Gramm-Qualität wird innen durch ein komplettes Futter aus weichem Merinoloden aufgewertet. Ein Sattel aus stabiler, wasserabweisender Baumwolle schützt die Lodenjacke gegen Nässe und verleiht zudem eine sportliche Optik. Die Jacke bietet zwei vertikale Brusttaschen, zwei Schubtaschen und zwei große Innentaschen; es ist also genug Stauraum für alles, was man auf der Jagd dabei hat.

Lodenjacke Keiler

Das Topmodell ist der LodenparkaWoolverine“ mit Orbis-Tarnmuster, er macht beim winterlichen Ansitz genauso eine gute Figur wie bei Wildnisjagden. Der verwendete Loden besteht aus 100 Prozent Schurwolle und ist außen gegen Nässe teflonisiert. Innen ist die Jacke zusätzlich mit einer zwei Zentimeter dicken Isolationsschicht aus 100 Prozent Kamelhaar ausgestattet. Gegen Nässe von oben verfügt der Parka über eine wasserdichte Membrane im Schulterbereich und in der Kapuze. Gestrickte Ärmelbündchen schließen über den Händen winddicht ab. Das Taschensystem ist von Jägern für Jäger entwickelt: Messer, Taschenlampe und Jagdschein haben ihren eigenen Platz ohne dabei die Haupttaschen zu belegen. Handwärmetaschen, vertikale Brusttaschen mit Patronenschlaufen und Funkgerätetaschen bieten reichlich Stauraum. Die großräumige Tasche im Rücken kann nach unten ausgeklappt werden und dient dann als wasserdichte Sitzunterlage.

Lodenjacke Woolverine

Gut kombiniert sind alle Jackenmodelle mit der braunen JagdhoseArlberg“. Strapazierfähiger Gebirgsloden von Tiroler Bergschafen kombiniert mit gewachster Baumwolle machen diese Hose zu einem Kleidungsstück, mit dem man durch dick und dünn gehen kann. Selbst eine hohe Wiese im Morgentau ist kein Problem, denn die atmungsaktive Hose ist an den wichtigen Stellen wasserdicht. Das feine Innenfutter aus italienischer Baumwolle fühlt sich beim Tragen angenehm an und die beiden Seitentaschen und zwei Schubtaschen runden die Ausstattung ab.

Lodenhose Arlberg

 

Bilder: Sascha Numßen, Icefox, Taylor Brandon-unsplash

Text:  Sascha Numßen, numssen@gmx.de, +36 300 85 1071

 

 

November 15, 2023 — Sascha Numßen